Sonntag, 23. Dezember 2007

#8 Eine Weihnachtsgeschichte

Christina und ich kommen soeben von einer kleinen Shoppingtour am 23. Dezember. Am Weg zum Internet Cafe stossen wir auf einen kleinen Bub, der in die Fundacion zum Mittagessen kommt. Er heisst Julio, wohnt auf der Strasse und ist 12 Jahre.
Er laechelt schwach, als er mich sieht und begruesst mich. "Wohin gehst du?" frage ich ihn und daraufhin laesst er seine Hose hinuntergleiten und zeigt uns hinten am Oberschenkel eine tiefe, frische Fleischwunde. Er gehe zum Krankenhaus, antwortet er. In der Nacht habe ihn wer mit einem Messer ueberfallen und diese Wunde zugesetzt. Es schaut sehr schlimm aus und Christina und ich haben den selben Gedanken: "Wir begleiten dich!" Das Krankenhaus ist weit und darum verfrachteten wir den ohnehin schon hinkenden Bub und uns in einem Taxi. Um einen Dollar fahren wir zum Krankenhaus.
Nach einer kurzen Bestandsaufnahme wird Julio auf ein Bett gelegt. Christina eilt einstweilen in eine Telefonzelle, um Madre Narciza zu verstaendigen und mir wird ein Rezept in die Hand gedrueckt, mit dem ich um 4,15 Dollar Medikamente und Verbandszeug aus einer Apotheke hole. "Alles bereit" denke ich. "Was fuer ein eigenartiges Weihnachtsgeschenk."Doch als ich zurueckkomme, verkuenden mir Arzt und Krankenschwester, dass er nicht kollaborieren will --- Schock!
Ich knie mich hin, um mit ihm auf Augenhoehe zu sprechen und frage ihn, was los sei. "Der Schmerz", antwortet er. Ich erklaere ihm, dass er nur kurz eine Spritze kriege und danach der Schmerz aufhoere. Er will nicht. Die Krankenschwester erklaert ihm, dass sich die Wunde ohne Behandlung infizieren wird. Er will nicht. Der Arzt erklaert, dass der Schmerz ohne Behandlung schlimmer wird. Er will nicht. Christina erklaert, dass wir ihm nur helfen wollen. Er will nicht. Ich sage, dass er er ohne Behandlung vielleicht das Bein verlieren wird. Er will nicht. Christina erklaert ihm, dass wir nur fuer ihn hierhergekommen sind und all die Medikamente fuer ihn gekauft haben. Er will nicht. Der Arzt weist ihn auf die Kosten der Medikamente hin. Er will nicht. Ich nehme seine Hand und rede ihm gut zu. Er will nicht. Ich streiche ueber seine traenennasse Wange und schaue in sein schmerzverzerrtes Gesicht. Er will nicht. Dann fange ich auch zu weinen an. Er will nicht. Wir koennen nichts tun.

Wir verlassen das Krankenhaus.
Er humpelt ueber die Strasse und steigt in einen Bus richtung Zentrum.
Heim auf die Strasse.



¡Feliz Navidad!

3 Kommentare:

wusi hat gesagt…

Liebe Irene,

ich lese mit großer Begeisterung deine Berichte.Bei deiner Weihnachtsgeschichte kamen mir die Tränen, das kommt nicht oft vor, aber ...
Ich wünsche dir ein wunderschönes, erlebnisreiches, mit vielen Erfahrungen gespicktes neues Jahr!
Eine schöne Zeit mit deiner Familie und liebe Grüße an alle
Wusi

Soziales Jahr hat gesagt…

dazu hat einer, der immer schlau Sprüche schieben kann, gar nichts zu sagen ...

danke Irene, danke.

Bogdan

mrimelio hat gesagt…

Hier meine eMail für Weihnachten -

Meine lieben Freunde, Kollegen und Bekannte der deutschsprachigen Länder,



Weihnachten rückt nochmals näher und inzwischen dürften die ersten vorweihnachtlichen Gefühle auch den oder die letzten, trotz allem Jahresendstress, eingeholt haben.

Obwohl wir uns in den meisten Fällen mit immer mehr Tätigkeiten beschäftigen, haben die Weihnachtsferien bereits angefangen und daher wollte ich euch nur noch kurz im großen Rundumschlag die besten Wünsche zum Weihnachtsfest, hoffentlich im Kreise eurer Lieben, wünschen.

Weihnachten ist meiner Meinung nach eine sehr schöne Zeit. Ich habe mich sehr auf Weihnachten gefreut. In dieser Zeit trifft sich die Familie wieder, wir gehen in die Kirche, dann singen und essen wir gemeinsam.

Zu bereden gibt es genug nach allem, was dieses Jahr uns gebracht hat. Auf dass eure Wünsche beruflich wie privat in die Tat umgesetzt werden können.

Ich freue mich natürlich darauf, von euch bald und wenn möglich persönlich zu hören. Und – wenn wir uns vorher nicht mehr lesen – einen guten Start in ein spannendes, erfolgreiches und vor allem gesundes neues Jahr 2008.-

Liebe Grüße und große Umarmungen.

Maximiliano Imelio