Donnerstag, 13. März 2008

Von Nieselregen, Trampen by Truck und einer beeindruckenden polnischen Hauptstadt

Episode 2 .. folgt nun wirklich gleich, heute bin ich mal richtig fleissig :o)


Also, von den Festen hab ich berichtet. Von den Reisen noch nicht. Waehrend der letzten Wochenenden hat es mich selten "nur" in Kaunas gehalten, ich bin einige Male nach Vilnius gefahren, einmal auch mit Anne, EVS aus Deutschland, zum Kasiukas-Markt (oder soaehnlich) ... einem riesigsten Markt mit hunderttausend Staenden mit Kunsthandwerk und auch Touristenzeug. Hat sich ausgezahlt :)


Dann, die naechste groessere Reise hab ich grad hinter mir ... und zwar 5 Tage in Polen. Am Samstag gings los, natuerlich per Trampen, am Anfang war ich doch etwas skeptisch, wie 400 km trampen funktionieren werden und befuerchtete bereits, dass wir um 10 Uhr abends in the middle of nowhere irgendwo in Polen festsitzen und nicht weiterkommen.Als wir dann aber kurz darauf in einem gemuetlich-warmen Truck sassen, der uns ueber 200 km weit mitnahm, verflogen meine Zweifel im Nu ... ich sags euch, Trampen in Polen ist echt einfach und es ging viel viel schneller als gedacht und schwuups, haben wir die polnische Hauptstadt erreicht.


Von Warschau hab ich bisher nur gehoert ... graue dunkle triste Stadt ... es gibt nix zu sehen ... polnisch eben ... muss man nicht hin.Das alles kann ich widerlegen und nur sagen - da muss man hin! :)Ich habe selten zuvor eine so spannende, wunderschoene Stadt erlebt und noch dazu eine, die nach dem Krieg zu 85 Prozent zerstoert war und wieder aufgebaut wurde ... Wahnsinn.


Wir waren 3 Tage lang von frueh bis spaet unterwegs ... Altstadt, Neustadt, Parkanlage und Schloss Wilanow, Chopin-Museum, Kunstgalerie, polnische Volkskueche, sauteures polnisches Luxuscafe, langer Rundgang im juedischen Viertel (ich fuehlte die Geschichte dieser Stadt oft sehr praesent, vieles im ehemaligen Ghetto wirkte nach wie vor stark auf mich, sehr bewegend, sehr sehr erschreckend), Praga (der einzige Teil der Stadt, der nicht zerstoert wurde), abends in supergemuetlichen polnischen Bars ...

Nach 3 Tagen waren wir alle ganz schoen muede :o)


Eine weitere Reise wird's fuer mich dann Ende Maerz geben, da gehts dann los nach Norwegen, nach Oslo. Freu mich schon sehr :)


Eine Reise der etwas anderes Art liegt ebenfalls hinter mir, und zwar der Umzug in eine neue Wohnung. Bis heute habe ich nicht begriffen, warum wir aus der alten schoenen Wohnung ausziehen mussten, ewig lange haben wir (meine Mentorin hauptsaechlich) gesucht ... und vor 2 Wochen sind wir in unser tolles neues Heim umgezogen!
Perfekte Lage mitten im Zentrum, und der Luxus von riesigen Zimmern (meines ist wieder mal Partyroom :o)), Mikrowelle, Wasserkocher und ... tatatarataa - Waschmaschine!! :)
Diese mag mich aber uebrigens nicht, und ich sie auch nicht mehr. Gestern hat sie mich mit einer Wasserfontaene und Waschmittel bespritzt (kann ich doch nicht wissen, dass man eine Waschmaschine nicht oeffnen soll, wenn sie eingeschaltet ist!), heute hat sie schlichtweg beim Schleuderprogramm gestreikt und ich habe tropfnasse Waesche zum Trocknen aufgehaengt. Naja, vielleicht ist es auch nicht ihre Schuld, sondern ... ein bisschen auch meine. Man merkt irgendwie, dass das meine erste hautnahe Begegnung mit einem solchen Geraet ist :o) Jaja, auch so wird man selbststaendig, Mama ... *smile*


Mein Zimmer ist sooo gross, dass es langsam zum Hostel wird, die Gaeste geben sich beinahe schon die Tuerklinke in die Hand ... kaum gehen welche, kommen auch schon die naechsten. Mir macht es Spass :o)


Uebers Wetter will ich gar nicht viele Worte verlieren ... in Warschau war es herrlich, der blaueste Bilderbuchhimmel den man sich nur vorstellen kann und fruehlingshafte 15 Grad ... hier in Kaunas: NIESELREGEN. Was sonst?!


Ja, ein Drittel meines EVS ist nun schon wirklich vorbei ... so oft habe ich das Gefuehl von "Leben pur" hier (das soll nicht heissen, dass mein Leben vor dem EVS nicht spannend oder ausgefuellt gewesen ist, auf keinen Fall ...) ... Anne hat mal gemeint, dass sie hier irgendwie naiver wird, vielleicht stimmt das auch, aber positiv gesehen.

Und es sind hier so viele starke Momente - in einem Truck zu sitzen, von dem polnischen Fahrer, der weder Deutsch noch Englisch kann, auf einen Kaffee eingeladen zu werden und durch Polen zu duesen. - Geimeinsam mit meinen Kids zu lachen und sich zu freuen, wenn wieder mal eines laut "Salaaaah!" (das "r" ist eben schwierig!) ruft. Wenn ich nichts zu tun habe, einfach in meiner LieblingsWG zu sitzen, Shisha zu rauchen, sich einfach gut zu fuehlen. Zu merken, wie sehr ich manche Menschen hier vermisse, wenn ich sie laenger nicht sehe, zu merken, dass sich auch hier nahe Freundschaften aufbauen werden.


Freiheit. Freude. Eindruecke. Spontaneitaet. Abenteuer. Leben pur.


Eure Sarah

"Sarah, sag mal, gibt's dich noch ...?" ...


... jaaaaaa, mich gibts noch! Aber, shame on me, mein letzter Eintrag ist sage und schreibe mehr als 5 oder gar 6 Wochen aus ... oi. Nun wird es aber Zeit, von den letzten Ereignissen zu berichten. Also los ...



5. Februar - habe ich die Litauer doch wieder mal unterschaetzt? Die sonst so verschlossenen, zurueckhaltenden Menschen sind - zumindest bei meiner Einrichtung Lopselis - nicht wiederzuerkennen. Alle sind verkleidet, Kids wie Sozialarbeiter und meine 4 Arbeitsstunden verbringe ich damit, gemeinsam mit ihnen durch das ganze (grosse!) Gebaeude zu ziehen als bunter Karnevalszug mit Akkordeonspieler und in jedem einzelnen Raum zu singen und tanzen und dabei jede Menge Suessigkeiten zu sammeln. Ich glaub, ich hab selten zuvor sooo viel gegessen ... Ausserdem bieten sie mir harmlosen "Erdbeersaft" an, der sich nach dem ersten grossen Schluck als litauischer Wodka entpuppt (es war so klar) und ja ... irgendwie sind alle ganz schoen verrueckt. Und irgendwie gefaellt mir das :)

13. Februar - ich beschliesse, den Valentinsttag konsequent zu ignorieren, ahne allerdings schon Schlimmes, als Vida, meine Chefin, mich bereits 40 rote Kartonherzen ausschneiden laesst ... und meine Ahnung taeuscht mich nicht ...



14. Februar - ... als ich am Valentinstag Lopselis erreiche, werde ich gleich mal mit roten Herzen beklebt, mit bunten Herzen bemalt und nebenbei versuche ich auch noch, rote Herzluftballons aufzublasen (natuerlich zerplatzt mir einer mitten im Gesicht und ich werde noch roeter ... :)) ... danach werden alle Kinder geschminkt (mit Herzen, was sonst!) und ich trinke Baileys. Und das um 10 Uhr morgens. Das ist auch Litauen.

Jaja ... wenn es Feste zu feiern gibt (welcher Anlass auch immer), sind die Litauer kaum mehr zu halten ... ich bin schon gespannt auf Ostern, das kann ich euch sagen!
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In Lopselis laueft es also - wie ihr lesen koennt - supergut. Es ist echt ein tolles Gefuehl, wenn Vida in der Frueh zu mir (!!) kommt und mich fragt, was wir heute machen werden. Irgendwie werd ich hier nicht nur zur Kindergaertnerin und Entertainerin, sondern auch zur Floristin und Dekorateurin ... seit Tagen sind wir mit der Fruehlingsdeko beschaeftigt, ich muss nicht mit den Kids rausgehen, Vida behaelt mich dauernd bei sich um meine Meinung zu hoeren. Die lautet meistens "Labai grazu".

Ich fuehle mich hier gebraucht und sinnvoll und wichtig und merke, dass ich immer unterstuetzt werde und meine Ideen sehr schnell umsetzen kann. Einiges habe ich schon allein mit den Kindern gearbeitet, oft helfe ich eben ... einige Ideen habe ich auch noch. Und es macht Spass!!! Hui :D