Samstag, 17. November 2007

¡Costa Rica!


Bin jetzt seit fast 4 Wochen in diesem wunderbaren Land und habe bisher eine sehr aufregende, unterschiedlich Zeit in der ich viel neues kennen gelernt habe verbracht. Lebe hier gemeinsam mit (im Moment) 2 anderen Volunteeren bei einer Gastfamilie in der schoenen Kleinstadt San Carlos (Ciudad Quesada).
Gemeinsam mit meiner Mitbewohnerin Gia aus den USA und Jakob aus Deutschland arbeite ich in einem kleinen Waisenheim in Tasalia einem kleinen Dorf ca. 20 - 30 min. mit dem Bus von San Carlos. Jeden Tag um ca. 8 Uhr 05, manchmal auch erst halb 9, nehmen wir den alten US - Schulbus nach Tasalia. Der Bus faehrt aus der Stadt an der Landstrasse entlang, an der einen Seite sieht man schoene, grosse, US - Style Haeuser; auf der anderen kleine, costaricanische Huetten mit Wellbechtaechern. Dann schliesslich biegt der Bus in eine kleine, unscheinbare, nicht asfaltierte Nebenstrasse. Die Fahrt wird unruehig und der ganze Bus zittert, regelmaessig fallen Sitzflaechen von dem einem oder anderen leeren Sitz auf den Boden, der Lerm der glierenden Fensterscheiben macht ein Unterhaltung unmoeglich. Der Bus haelt, wenn immer jemand ein oder aussteigen will, Haltestellen gibt es nicht. Insgesamt gibt es nur 5 Busse am Tag (6, 8, 12, 15, 18 Uhr) an diesen Ort.
Im Hogar angekommen erwarten uns schon die Buben und begruessen uns mit Kuessen und Umarmungen. Erwartungsvoll fragen sie ob wir einen Film oder Suessigkeiten mitgebracht haben und wollen unsere Fotokamera benuetzen. Zuerst muessen sie aber ihr Aufgaben im Haus, vorallem den Boden kehren und wischen, erlaedigen.
Insgesamt wohnen im Moment 10 Buben zwischen 9 und 15 in dem Haus. Die meisten haben zwar noch Eltern oder Verwannte die aus verschiedenen Gruenden nicht auf sie aufpassen koennen oder wollen. Ausserdem noch die tia (Tante), Carmen, welche auf die Kinder 24 Stunde am Tag aufpasst und ihr 15 Monate alter Sohn Hugo. Eigentlich sollte es noch eine 2te tia geben, aber entweder niemand will diesen Job oder die Organisation PANI kann sich keine 2te tia leisten. Es sollte auch untertags eine Psychologe kommen, aber den haben sie vor gut 3 Wochen entlassen und die neue ist noch nicht gekommen.
Das Haus sollte eigentlich nur ein zeitlich begrenztes Zuhause fuer die Buben sein, aber manche von ihnen sind hier schon 3 Jahre lang. Auch solltes ein Ort sein, auf denen sie sich verlassen koennen. In der Realitaet sind sie die letzten denen man Neuichkeiten Mitteilt. Eines Tages ist Gabrial, der Psychologe und auch Vater-Grosser-Bruder-Figur fuer die Buben einfach nicht mehr gekommen. Sie verlassen sich auf nichts und niemanden und fragen jeden Tag, ober wir nachsten auch wieder kommen.
Zu unseren Aufgaben zaehlt mit den Buben Hausuebungen zu machen, zu lernen, zu spielen oder sie einfach nur lieb haben. Seit zwei Wochen lernen wir mit ihnen fuer die Pruefungen naechste Woche, vorallem Mathematik, weil das kann ich auch mit schlechtem Spanisch erklaeren. Es gibt in diesem Dorf nur ein Volkschule (bis 6te Klasse). Englischuntericht gibt es erst seit Jakob letzte Woche entschlossen hat der Englischlehrer zu sein und auch der andere Unterricht entspricht nicht umbedingt europaeischen Standart.
Viele von ihnen neigen zu Gewalt und machen viele Dinge kaput, die man ihnen gibt. Auch schlagen und beschimpfen sie sich oft gegenseitig und kommen dann zu einem und wollen umarmt werde. Es ist of schwierig auf ihr Verhalten zu reagieren.
Auch wenn ich sehe, dass mich an diesem Ort gebraucht werde, freue ich mich jede Woche wieder auf das Wochenende. Die Arbeit ist anspruchsvoll, vorallem wenn man nicht immer alles versteht. Am Montag in der Frueh bin ich aber auch froh meine Buben wieder zu sehen.

Sonntag, 11. November 2007

#6 Ein Farbenmeer von Kindern

Am Freitag war im Stadion eine Veranstaltung, an der alle Grundschulen Ambatos teilnahmen. Ich stand um halb sechs auf, um um 7 Uhr 20 in der Schule von Techo Propio zu sein. Nach und nach trudelten die Schüler ein, alle in ihren sauberen Uniformen, gebadet, gekämmt und geschneuzt, ich kam mir richtig dreckig vor neben ihnen, weil ich eben nicht frisch geduscht war. Dann wurden endlos lange Listen durchgegangen, Schülernamen verlesen, Kinder in Reih und Glied gestellt. Endlich konnten wir zum Stadion aufbrechen. Alle Schüler, Lehrkörper und sonstiges Personal stopften sich in den nächsten vorbeikommenden öffentlichen Linienbus und los ging die Fahrt über Stock und Stein. Ich stand eingezwängt zwischen diversen Indigena-Männern und konnte mich nicht rühren.
Beim Stadion angekommen waren außer uns schon drei Millionen andere Menschen, die sich um den Eingang drängten. Während ich schubsende Kinder wieder in die Zweierreihen zurückwies, bewunderte ich staunend die aus lauter Schülern bestehende Menschenmenge, aus der sich durch die je nach Schule unterschiedlich farbige Uniform einzelne Grüppchen herauskristallisierten.
Als alle Schüler ihren Sitzplatz in der Tribüne eingenommen hatten, begann das Programm in Form von dem, was in den USA als „school spirit“ bekannt ist. Von jeder Schule marschierten ungefähr 25 Schüler ins Stadion ein, der Name der Schule wurde laut aufgerufen und der zugehörig farbige „Fanclub“ im Publikum sprang stolz auf und jubelte laut. Danach standen alle auf und die ecuadorianische Nationalhymne wurde gesungen. Ich, die einzige blonde „gringa“ im Umkreis von einem halben Kilometer, war wohl die einzige, die den Text nicht konnte.
Zwischendurch drängten sich immer Verkäuferinnen und Verkäufer durch die Tribünen, die ihre Waren an den Mann (und in diesem Fall an das Kind) bringen wollten und lautstark Chips, Zuckerwatte und Eis anpriesen: „¡Papaaaas friiiiitas, Papas!“. Von Zeit zu Zeit ließ sich wieder einmal eine Verkäuferin nieder, um das Kind, das jede richtige Indigena-Frau am Rücken mit sich herumträgt, zu wickeln oder zu stillen.
Anschließend marschierten Militärmänner ins Stadion und zeigten zuerst ein paar coole Moves im Nahkampf mit Stock (des hett da gfoin, Susi!). Dann zeigten andere Militärmänner ihr Können mit dressierten Polizeihunden. Ich fand sehr originell, dass die Befehle für Hunde scheinbar auf der ganzen Welt deutsch sind, zum Beispiel „Sitz!“, „Platz!“, „Hier!“ oder „Steh!“ (was von den Ecuadorianern „E-stay!“ ausgesprochen wird), kann aber auch daran liegen, dass es sich bei den Hunden um deutsche Schäfer handelte, die womöglich nicht zweisprachig aufgezogen wurden...
Nach diesem Programm setzten sich die Schülerscharen wieder in Bewegung, um das Stadion zu verlassen. Wahrscheinlich fiel ich durch meine Größe unter lauter kleinen Kindern und meine blonden Haaren sehr auf, denn trotz der vielen Menschen fanden mich zuerst Ricardo, Jorge und Jonathan aus der Herberge, die mich gleich begrüßen kamen und dann riefen und winkten mir aus der Ferne auch noch einige Mädels zu, mit denen ich nachmittags am Terminal arbeite. Die bunten Schüler verließen also das Stadion wieder und das einzig bunte, was zurückblieb, waren Berge von Müll.
Obwohl ich leider meinen Fotoapparat nicht mitgehabt habe, ist dieser Vormittag in meinem Gedächtnis farbig vermerkt, die Eindrücke waren lebendig und beeindruckend. Und: Individualisten der Welt, sagt, was ihr wollt, ich bin für die Einführung von Schuluniformen in Österreich!

Montag, 5. November 2007

#5 Colada Morada-Erlebnisse


Der 1. November, Allerheiligen, heißt hier „Dia de todos los santos“. Für diesen Tag gibt es ganz spezielle Bräuche. Ich war in Techo Propio in der Schule „Escuela La Gran Muralla“ zu dem „Colada-Morada“-Programm eingeladen. Dafür wurde ein Riesenbottich voll mit Colada Morada gekocht. „morada“ bedeutet violett und „colada“ ist ein dickflüssiger, warmer, süßer, trinkbarer Brei. Zubereitet wird die traditionelle Colada mit Mehl vom schwarzen Mais, der gemeinsam mit Früchten wie Erdbeeren, Ananas und Babaca die violette Farbe verursacht. Eingedickt wird das Getränk mit Maizena. Dazu wird „Pan de Guagua“ gereicht, „pan“ bedeutet Brot und „guagua“ ist der Quichua-Ausdruck für Kind oder Baby. Das „Pan de Guagua“ ist im Prinzip Brot in Form eines Kindes.
Am Donnerstag versammelten sich also des Morgens alle Kinder der Schule im Speisesaal und dann wurde die Colada Morada mit dem Pan de Guagua gereicht. Die Köchin füllte schwitzend Becher nach Becher, die Professorinnen eilten geschäftig hin und her, um jedem Kind seinen Anteil zu servieren und verschüttete Colada aufzuwischen und ich huschte dazwischen mit meiner Kamara, um da und dort ein Foto zu machen. (Natürlich habe ich zuerst servieren geholfen!) Nach einer halben Stunde waren die Kinder abgefertigt, die Colada ausgetrunken und das Brot fertiggemampft.
Zwei Tage vor dem Fest wurde mir mitgeteilt, dass ich zur Löffelfrau gekürt worden bin. Ich war anfangs überfordert mit der Information und habe mittags dann Madre Martha gefragt, was das bedeutet. Die Sache ist die: Im Laufe des Programms werden wichtige Menschen gekürt, mit Applaus bejubelt und mit Schärpe gekennzeichnet. Es gibt beispielsweise die Titel König „Rey barros“, der Andenken an die Beteiligten austeilt; „Señorita Colada Morada“, die das Getränk serviert; „Señorita Pan“, die das Brot austeilt; ich als „Señorita Cuchara de Palo“ habe am Vortag noch ein Dutzend kleine Holzlöffelchen und einen großen hölzernen Schöpflöffel gekauft und mit Madre Marthas Hilfe dekoriert (=riesige, kitschige Plastikblumen mit Heißklebepistole draufgeklebt). Die kleinen Löffelchen wurden als Andenken an die einzelnen Personen verschenkt und der große Löffel blieb an der Schule in der Küche. Ich habe also meine Aufgabe als Löffelfrau ausgezeichnet erfüllt und wieder was dazugelernt. Übrigens habe ich in der letzten Woche derart viel Colada Morada getrunken, dass ich glaube, meine Denkfähigkeit wurde durch den vielen Zucker negativ beeinträchtigt. Außerdem habe ich ein Tupperg'schirrl voll Colada Morada in Edwins Rucksack verstaut und das Teil ist leider aufgegangen und hat seinen Rucksack jetzt ein bisserl ruiniert.