Mittwoch, 30. Juli 2008

Ganz Riga singt! Und Besuch aus Österreich!

Ihr Lieben,

unbedingt berichten möchte ich euch auch noch von dem ersten Juliwochenende, das ich bei Volunteers in Riga verbracht hab...

Ganz Riga singt? - Wieso? - Weil das größte baltische Songfestival in der lettischen Hauptstadt stattfand. Ein Festival, das nur alle fünf Jahre stattfindet. Ein Festival mit 35 000 Teilnehmern. Ein sehr besonderes Festival.

Ich muss sagen, dass ich nicht wirklich große Lust auf Sightseeing hatte, da ich sowieso etwas k.o. war und vor zwei Jahren schon eine ziemlich lange Zeit in Riga verbracht habe.

So habe ich das Wochenende gemütlich genossen, mit einer Freundin viel geplaudert, im Park im Gras geschlafen (Vorsicht - das ist illegal in Riga! Meinte danach zumindest der lettische Polizeibeamte zu mir), und viel vom Festival gesehen.

Überall singende Menschen in der traditionellen Tracht, viele, viele Open-Air-Konzerte, viele Stimmen, die Gänsehaut auf meinen Rücken brachten!

Es war so toll und spannend zu erleben, dass das Singen in Lettland einfach ein sehr wichtiger Bestandteil der Kultur ist, dass die Letten (wie auch die Litauer würde ich sagen) von Kind an singen und so viele wunderschöne alte Lieder kennen.

Das Highlight war dann ein riesiges Konzert - so etwas habe ich überhaupt noch nie erlebt! - mit 12 000 singenden Menschen auf der Bühne! Wahnsinn :). Und total schön :).

Mein "persönliches" Highlight war aber, muss ich sagen, die "singende Straßenbahn" auf der Heimfahrt vom Konzert. Der ganze Straßenbahnwagen hat spontan lettische Lieder angestimmt und wir Volunteers saßen lächelnd mittendrin. Unglaublich.

Dann ... gab's wieder mal Besuch aus Österreich :).

Diesmal von meiner großen Schwester Kathrin und ihrem Freund Peter, die ich echt schon seit November 2007 nicht mehr gesehen hatte.

Wir haben viele schöne Tage miteinander verbracht, uns an verschiedenen Orten getroffen, hatten einfach eine tolle Zeit zusammen. ... Ich habe ihnen und ihrem Bus nach Warschau durch den strömenden Regen nachgewunken und war ein bisschen traurig.

Dienstag, 29. Juli 2008

Der "offizielle" Clowntag in Kaunas



Mitte Juli. Es kam - wie es kommen musste? Sämtliche "übriggebliebene" Volunteers in Kaunas, Litauen verfallen in verschiedenste Arten von Depressionen ... zusammengefasst als die EVS-Depression schlechthin bezeichnet, vor der die Volunteers auf sämtlichen Seminaren gewarnt wurden, die keiner glauben konnte. Und doch hatte sie sie erwischt.

Was tun?

Trübsal blasen?

Nein! Das kann nicht sein!

Stattdessen etwas Verrücktes, etwas Buntes, etwas Gewagtes tun. Ja - einen "offiziellen" Tag der Clowns kreieren, sich schminken, mit den Alltagskleidern in spannendeneren Kombinationen verkleiden, die Schränke nach Sonnenbrillen, Ketten und Kopftüchern durchwülen, ein buntes Tigerfahrrad nehmen, Jonglagematerial und eine handgemachte Trommel -
- und ab auf die Straße!



Mitten in Kaunas, auf der Freiheitsallee standen also an einem bewölkten grauen Montagnachmittag 4 bunte, schräge Volunteers aus Frankreich, Deutschland und Österreich, pfiffen, winkten, riefen, trommelten ohne Rythmus, ließen sich fotografieren, bliesen Seifenblasen in die Luft, ließen einen Cowboyhut die Runde machen (ein paar Münzen fielen ja doch hinein!).

Unübersehbar.
Wie auch durch die folgenden Fotos klar wird :)


What a wonderful day!

Donnerstag, 17. Juli 2008

Mittsommer auf grünen Hügeln Oder Sarah in Lindgrens Geschichten


"Su joninu!" ... das hieß es (zugegeben, ist auch schon wieder eine Weile her...) am 23. Juni hier in Litauen tausende Male. "Alles Gute zum Mittsommernachtsfest! also.

Und so was hab ich überhaupt noch nie erlebt ... daheim in Österreich ist mir das halt als Datum für den Sommeranfang bekannt, das war's aber auch schon. Hier, doch etwas weiter nördlich, schaut das aber schon anders und viiiel interessanter und lustiger aus :)

Und das war in etwa mein litauisches Mittsommer 2008 -

Am Freitag dieses verlängerten Wochenendes fuhr ich mit Anne, Simona und einigen ihrer litauischen Freunde zu dem "Live the night!" Festival nach Vilnius.
Ewig lange durch die Gegend laufen.
Lustiges Essen und illegales Trinken in einer Pizzeria.
Sich in den Menschenmassen verlieren.
Etwas genervt sein vom strömenden Regen.
Einem wunderschönen Umzug mit riesigen Puppen, Figuren quer durch die Stadt folgen.
Dann super Konzerte.

Und es wurde und wurde nicht dunkel, noch nie zuvor fiel es mir so leicht, eine ganze Nacht lang nicht zu schlafen ... :)

Um 3 Uhr morgens waren Anne und ich noch immer auf der Suche und entdecken wirklich eine tolle Reggaeparty, so tanzten wir in den Sonnenaufgang hinein.
Meine Beine wurden irgendwann doch ziemlich müde und ich spazierte 2 Stunden durch die Stadt, bevor wir um halb 7 Uhr morgens den ersten Zug zurück nach Kaunas nahmen (dieser Zug war lustig, total voll und alle völlig fertig und müde). Daheim hieß es dann gleich mal 8 Stunden Schlaf nachholen! :)
Dann ging's weiter auf eine Abschiedsfeier.

Am "richtigen" Mittsommer war ich dann mit einigen anderen in Kernave, dem Ort, in dem dieses Fest am größten und traditionellsten gefeiert wird ...
Auch dort war wieder jede Menge los:)



Super Trampen mit Paul in einem englischen Auto (hach, war das ungewohnt), dann wurden wir vom Gewitter überrascht (nachdem wir eine halbe Stunde vorher bereits viele besorgte SMS - "Bringt euch in Sicherheit!" - aus Kaunas bekommen hatten) und pitschnass.
Dann ... fühlte ich mich irgendwo in die Landschaft und die Geschichten aus Astrid Lindgrens Bücher versetzt ...
Stellt euch vor, auf einem der vielen saftig grünen ehemaligen Burghügel zu sitzen, die Beine baumeln zu lassen, Walderbeeren auf lange Grashalme aufzufädeln, natürlich die traditionellen Blumenkränze zu basteln, auf den Nemunas zu blicken, viele viele Menschen in den Wiesen sitzen zu sehen, ...




Stellt euch vor, abends einfach nicht müde zu werden, weil es ja wirklich nur für 3 Stunden wirklch dunkel wird, dafür lange zu litauischer Musik zu tanzen, wieder auf dem Hügel zu sitzen und überall in der Dämmerung viele kleine Mittsommerfeuer aufflackern zu sehen, litauische Traditionen hautnah zu verfolgen, Salz ins Feuer zu streuen, Gänsehaut bei den alten Gesängen zu bekommen, zu Naturgöttern zu beten und ihnen für das vergangene Jahr zu danken, ums Feuer zu tanzen, um 5 Uhr morgens kepta duona zu essen, ...



Um noch mehr Eindrücke zu bekommen - hier wieder mal einige Fotos!

Seid lieb umarmt,
eure Sarah

Dienstag, 15. Juli 2008

#16 Noch ein Regenwald-Abenteuer


Mit Christinas jüngeren Schwester Kathi, die nun drei Wochen zu Besuch ist, fuhren noch mal in den Regenwald nach Puyo, um Hugo, einen dort wohnenden Quichua-Indígena, zu besuchen. Hugo lebt mitten im Urwald und besitzt weder fließendes Wasser, noch Strom, noch Handy. Wir suchten also auf gut Glück sein Haus auf und hofften, ihn dort anzutreffen.
Von Puyo geht’s Richtung Macas bis zum Kilometer 12. Von dort folgten wir einer Schotterstraße. Der Fußmarsch beträgt ca. eine Stunde, doch wir hatten Glück: eine vorbeifahrende camioneta (Pick-up) nahm uns mit bis zur Brücke. Ab der Hängebrücke geht es nur noch zu Fuß weiter. Wir folgten dem schmalen Weg nach rechts und wanderten eine halbe Stunde am Flussufer entlang über vier Brücklein aus Baumstämmen, bis wir zu einer Lichtung kamen. Dort gingen wir bergaufwärts bis zu Hugos Haus. Es besteht aus einer größeren Hütte mit Küche und Feuerstelle, einer Hütte für Touristen (mit fünf Betten und Matratzen), einem WC (!) bei dem die Klospülung jedoch nur sporadisch funktioniert, Dusche (funktioniert nicht) und ein bisschen weiter drüben Hugos Haus.
Wir kamen um vier Uhr an und fanden das Haus leer vor. Wir warteten. Hugo hat drei Hunde, zwei große schwarze Schweine und einige Hühner. In Baños haben wir noch Lebensmittel für ihn und seine Familie gekauft: drei Kilo Reis, eine Packung Öl, zwei Kilo Salz, Nudeln, Thunfisch, Schwamm, Seife, Zahnpasta, Panela, Zuckerl für die Kinder, Klopapier. Mit all dem Zeug sind wir durch den Regenwald gewandert. Wir luden es in der Küche ab.
Wir warteten bis sechs. Zum Zurückkehren war es nun zu spät. Um halb sieben würde es dunkel werden. Wir beschlossen, die Nacht über hierzubleiben. Zuerst wollten wir aber was essen, denn wir hatten seit dem Frühstück in Baños nichts mehr zu uns genommen. Wir betraten die Küche und versuchten, die Feuerstelle anzuwerfen. Es stand uns jedoch nur feuchtes Holz, ein halbes Blatt Zeitungspapier und das Öl vom Thunfisch zur Verfügung. Wir schafften es, ein morsches Stück Holz zum Glühen zu bringen und ein kleines fünfminütiges Lagerfeuer, das aber bald erlosch. Gut. Reis oder Nudeln kochen spielte es also nicht. Hungrig begnügten wir uns nur mit Thunfisch. Die nächste Herausforderung: Das Öffnen einer großen Thunfischdose. Ohne Schweizermesser. Wir sahen uns um und fanden eine Machete und einen Hammer. Es lebe die Machete! ... Wir löffelten Thunfisch in Öl und knabberten rohe Nudeln. Mmmh!
Dann legten wir uns schlafen. Es war sieben. Und stockdunkel. Wir hatten weder Leintücher, noch Decken. Nur etwas feuchte Matratzen und Polster. Mit unseren Handtüchern deckten wir uns zu.
Kathis Magen ist noch zu europäisch. Sie erbrach in der Nacht das Abendessen. Wir hatten kein Wasser mehr. Sie putzte sich die Zähne und spülte mit Cola ihren Mund aus.
Die Nacht war kalt und lang. Es regnete und ich fror. Mit meinem kleinen Handtuch konnte ich immer nur entweder meine Arme oder meine Beine bedecken. Unter dem Haus hörte man die Schweine und die Hühner in der Erde scharren. Und grunzen. Und gackern.
Am nächsten Morgen versuchten wir abermals unser Glück an der Feuerstelle. Wir rissen dafür Seiten aus unseren Tagebüchern. Doch der Tag war noch schlechter. Über Nacht hatten die Zünder die Feuchtigkeit der Umgebung angezogen und taugten nichts mehr.
In der Regentonne hinterm Haus putzten wir unsere Zähne. Wir schrieben Hugo einen Zettel mit lieben Grüßen, hinterließen die Lebensmittel, packten uns zusammen und brachen wieder auf.
Abermals hatten wir Glück. Eine camioneta nahm uns bis nach Puyo mit.

Moral von der Geschichte: Lerne, wie man ein gescheites Lagerfeuer macht – es kann nützlich sein. (¡verras, Viki!) Oder nimm sicherheitshalber immer Brot mit.