Montag, 26. Mai 2008

Bilder sagen mehr...


...darum einfach wieder mal ein paar kunterbunte Eindruecke aus meinem Leben in Kaunas.

A long time ago...

... an Austrian girl called Sarah has written her last text for this website. :) Nein, Leute, keine Angst, ich bin weder in litauischen Seen versunken, noch von einem Trolleybus in Kaunas gerammt worden. Mir geht’s nach wie vor gut und nun berichte ich Euch sogar wieder mal etwas aus meinem Leben. :)

Back home im Grünen (die_Sarah)

Kaunas Jazz

Auch schon wieder eine Weile her, aber das hat für mich die komplette Veränderung der Stadt symbolisiert. Ende April gab’s bei uns nämlich das größte Jazzfestival im Baltikum und so hab ich wirklich mal ein ganz neues Gesicht meiner Stadt erleben können ...
... herrliches Frühlingswetter, T-Shirt-tragende Volunteers mit Sonnenbrille
... Menschen, viele, viele Menschen, die im Gras liegen, tanzen, lachen, essen
... die coolsten Partys und Konzerte seit langer Zeit
... eines der schönsten Feuerwerke, angekündigt persönlich vom litauischen Kulturminister
... einfach eine super entspannte und gemütliche Atmosphäre!!
WOW.

1000 und eine Überraschung

Gab’s dann für einige Menschen Anfang Mai, als die verrückte Sarah spontan beschlossen hatte, insgesamt 48 Stunden Busfahrt auf sich zu nehmen, um vier Tage lang in Österreich verbringen zu können.
Die Busfahrt war ein einziges Auf und Ab meiner verwirrten Gefühle. In Wien am Westbahnhof war ich verloren wie noch nie zuvor, aber alle meine lieben und wichtigen Menschen wiederzusehen, wegen derer ich gekommen bin, hat das alles wettgemacht.
Kein Mensch wusste, dass ich kommen würde - ich sag’s euch, DIESE Gesichter werde ich nie vergessen! Hihi. :) Das war schon was.
So hab ich die Tage daheim voll ausgekostet, bin danach aber auch gerne wieder heimgefahren, heim nach Kaunas.

Irgendwo im Stau bei Sonnenuntergang auf der polnischen Autobahn. (die_Sarah)

Das war der erste Streich, doch der zweite... (naja, ihr wisst ja, wie’s weitergeht :)).

Bis gleich!

Sarah

Zu den Fotos... 1) Ich wieder zuhause am Laichbergweg in Garsten Nord.
2) Auf der Heimfahrt nach Kaunas, im Stau irgendwo auf der polnischen Autobahn.

Donnerstag, 8. Mai 2008

#14 Wasak'entsa – zwischen Achuar und Giftschlangen


Robert Kaeser, die Ansprechperson vor Ort für österreichische Volontäre, verdanken wir eine einzigartige, einwöchige Projektreise nach Wasak'entsa, einer kleinen Salesianergemeinschaft mitten im Urwald Ecuadors.
Zu viert reisten wir am 28. Mai 2008 nach Macas, um von dort mit einem Kleinflugzeug zu dem 45 Flugminuten entfernten Projekt zu gelangen. Der Flug war ein unglaubliches Erlebnis. Zu fünft flogen wir mit der Propellermaschine über unberührten Primärwald und landeten schließlich in Wasak'entsa auf einer erdigen 600m langen Rollbahn.
1958 sind die Salesianer erstmals nach Wasak'entsa gekommen. 1988 ist das Projekt entstanden. Es wird mit der indigenen Bevölkerung der Achuar gearbeitet. Man hat eine Grundschule und höhere Schule gebaut und unterrichtet derzeit ca. 30 Jugendliche und Erwachsene zwischen 12 und 36 Jahren, die aus den umliegenden Dörfern stammen. Die Missionsarbeit basiert darauf, dass man Bibelstellen mit Achuarmythen vergleicht und Parallelen zieht. Man will nicht das Weltbild der Achuar zerstören, sondern mit einem neuen Gedanken nahtlos anknüpfen.

Das Leben der Achuar ist streng männlich-weiblich getrennt. Frauen und Männer schlafen, essen, studieren und arbeiten getrennt und gehen spezifischen Aufgaben und Verantwortungen nach. Man redet nicht miteinander und schon ein Blickkontakt kann als Heiratsantrag verstanden werden.
Der Tagesablauf ist ebenfalls strikt. Um 5 Uhr steht man auf, bis 6 Uhr ist Studierzeit, um 6.30 Uhr Frühstück, danach Unterricht bis 13.00 Uhr, anschließend Mittagessen. Von 13.30 Uhr bis 15.30 Uhr wird am Feld gearbeitet, Yuca geputzt und Chicha, das traditionelle Getränk, gemacht. Um 16.00 Uhr wird Ball gespielt, danach duscht man sich und um 17.45 Uhr gibt es Abendessen. Dann widmet man sich eventuellen Hausaufgaben, um 20.00 Uhr ist das Abendgebet und danach geht man zu Bett. Das Essen besteht meist aus Thunfisch, Reis, Linsen, Nudeln, Yuca und Kochbananen.

Am ersten Tag sind Christina und ich in den Genuss gekommen, Chicha herzustellen. Zum Chicha-Machen braucht man einen großen Topf, viel geputzte und geschälte Yuca, Wasser und Camote. Die Yuca wird mit dem Wasser weichgekocht, dann beginnt die eigentliche Arbeit: Camotestücke werden in den Mund genommen und zerkaut, der dabei freiwerdende Saft wird gemeinsam mit dem entstandenen Speichel in den Topf gespuckt und mit Yuca und Wasser vermischt, sodass ein Brei entsteht, der wie Kartoffelpürree aussieht. Dieser Brei wird mit bereits älterem Brei vermengt, stehengelassen, bis er vergärt, dann und wann mit Wasser aufgegossen und fertig ist die Chicha! Chicha wird den ganzen Tag über getrunken an Stelle von Wasser. Es hat eine dickflüssige Konsistenz, schmeckt säuerlich und hat etwa den Alkoholgehalt von Most.

Nachmittags wird sowohl bei drückender Hitze als auch bei strömenden Regen am Feld gearbeitet. Das einzige Gartengerät, das benötigt wird, ist die Machete. Damit werden sowohl giftige Schlangen getötet, als auch Unkraut gejätet und Löcher gegraben. Die Erde ist lehmig locker und fruchtbar feucht. Ich hatte zum ersten Mal eine Machete in der Hand, arbeitete daher um einiges langsamer und umständlicher als die Achuar-Mädels.

Samstags begleitete uns Domingo, ein Achuar, der im Projekt lebt, zum nächstgelegenen Dorf, das 45 Gehminuten entfernt liegt. Dort wohnen drei Frauen, ein Mann und seine 12 Söhne und Töchter. Wir betraten das Haus. Lehmboden, zwei Zimmer mit Holzwand getrennt, zwei Holzpritschen und einige Decken. Die Frauen empfingen uns nicht – das verbietet die Kultur – sondern das älteste Mädchen reichte uns zur Stärkung Chicha. Die Kinder trugen zerschlissene Kleidung, waren schmutzig, unterernährt, aber hübsch und fröhlich. Sie hatten keine Berührungsängste, sondern lachten uns breit aus schmalen, mandelförmigen Augen an. Wir lächelten zurück und versuchten, zu kommunizieren. Der Achuar übersetzte. Wir überzeugten sie, ein Lied für uns zu singen. Dann sangen wir für sie. „Und dann gang i ans Petersbrünnele“. Jodelten fröhlich mitten im Regenwald Ecuadors. Die Kinder freuten sich und lachten. Ich dachte an saubere, blonde Österreicherkinder, die gegen alles allergisch sind. Die Geschwister entdeckten eine Maus. Das ganze Haus stand in Aufruhr, die Kinder packten Stöcke und jagten aufgeregt die Maus. Sie fiel von der Decke zu Boden. Ein Bub erschlug sie und lächelte stolz und zufrieden. Der Hund schnappte sie und trug sie nach draußen. In Österreich schrie indessen ein kleines Mädchen, weil in ihrem Kinderzimmer in der Ecke eine Spinne hockte. Auf dem Heimweg schüttete es aus Kübeln einen richtigen Regenwaldregen. Martin pfiff ironisch „English Summer Rain“. Wir waren patschnass. Und vergnügt.

Am 5. Mai 2008 flogen wir zurück nach Macas. In die Zivilisation. Gemeinsam mit einer kranken Achuar-Frau, die von einer Giftschlange gebissen worden war.

Montag, 21. April 2008

#13 Kinder Ambatos


Joselyn ist 11 Jahre, geht aber erst in das dritte Jahr der Grundschule. Nachmittags kommt sie in die Fundación Don Bosco am Terminal, um ihre Hausaufgaben zu erledigen. Sie hat sieben Geschwister, ihre aufgeweckte kleine Schwester Diana und ihr kleiner Bruder Patricio besuchen ebenfalls unser Projekt. Die Kinder stammen aus einer armen Familie, meine Kollegin und ich vermuten, dass sie auch nicht genug zu Essen haben, denn einmal saß Diana unterm Tisch und aß vom schmutzigen Boden Popcorn, die einem anderen Kind versehentlich runtergefallen sind. Ein andermal schmiss ein Bub im Projekt absichtlich Brot zu Boden. Meine Kollegin schimpfte ihn und hob das Brot auf, um es wegzuwerfen, aber Diana bat darum und aß es komplett auf.
Die Mutter arbeitet tagsüber und der Vater ist Alkoholiker. Zuhause kann den Kindern keiner bei den Hausaufgaben helfen. Die Kinder wirken sehr vernachlässigt, tragen schmutzige Kleidung und haben Läuse und Schuppen im ungewaschenen Haar.
Joselyn hat außerdem Lernschwierigkeiten, vielleicht ist sie sogar geistig ein wenig beeinträchtigt. Sie kann immer noch nicht schreiben und kennt auch die Zahlen nicht. Sie verwechselt oft das „n“ mit dem „e“ und damit sie ein Wort schreibt muss man es ihr sehr, sehr langsam vorsagen, oder sogar Buchstabe für Buchstabe diktieren. In der Schule hat man sie vermutlich aus Mitleid aufsteigen lassen, denn der verlangte Stoff entspricht nicht ihren Fähigkeiten. Momentan lernt sie Multiplikationen und ist völlig überfordert. Sie kann sich unter einer abstrakten Zahlenfolge nichts vorstellen, denn sie hat schon Schwierigkeiten mit den Zahlen von 1 bis 10. Zweistellige Zahlen kann sie außerdem nicht einmal lesen. Ich bin sehr pessimistisch, dass sie dieses Jahr schaffen wird.
Leider haben wir bis jetzt noch nicht die Gelegenheit gehabt, mit ihren Eltern Kontakt aufzunehmen, denn es wäre gut für sie, im nächsten Jahr in unser Centro Pedagogico Don Bosco zu wechseln.

Ein Bub, der zu uns zum Terminal kommt, um seine Hausaufgaben zu machen, heißt Richard. Seine Eltern haben ihn verlassen und er lebt mit seiner Großmutter. Er geht in das zweite Jahr der Grundschule und hat das Jahr schon zweimal verloren, ein drittes Mal darf nicht wiederholt werden.
Er kann zwar schnell abschreiben, versteht aber nicht, was er schreibt, denn er kann nicht lesen. Ich habe schon mehrmals versucht, ihm zu helfen. Einmal wollte ich ihm die Vokale beibringen, aber es war, als würde ich gegen eine Wand reden. Richard konzentriert sich nicht, er gibt mir immer Antworten, ohne nachzudenken, rückt unruhig auf seinem Stuhl hin und her und quängelt. Er will nicht lernen.
Vor einigen Wochen ist seine Großmutter verärgert ins Projekt gekommen und hat sich beschwert. Sie hat uns Vorwürfe gemacht und gesagt, dass wir Richard doch lesen lassen sollen, was er schreibt, denn sie könne nicht lesen. Wir haben der Großmutter erklärt, dass wir unser Möglichstes versucht haben, doch er sei einfach nicht aufnahmefähig. Die Frau antwortete: „Dann schlagt ihn halt!“. Die Erziehungsmethoden mancher Menschen sind schon schockierend. Ich konnte nicht fassen, dass die Großmutter von uns verlangte, ihr Enkelkind zu schlagen.
Die Erfahrung, die ich mit Richard gemacht habe, ist das Gefühl von Resignation. Ich mag Richard, ich hätte ihm wirklich gerne Lesen beigebracht, aber es gibt offenbar Kinder, denen kann man nicht helfen. Eigentlich sollte die Wissbegierigkeit einem jeden Kind innewohnen, aber es gibt scheinbar Ausnahmen. Richard ist ein Bub, der nicht lernen will, der sich dagegen sträubt und nichts aufnehmen will. Ich habe mich damit abgefunden, dass ich in so einem Fall auch nichts machen kann, denn es liegt nun an ihm, einen Schritt weiterzugehen.

Mittwoch, 2. April 2008

Früüühling!

Hediho an alle ...

ja, endlich endlich ist Ende April auch in Litauen der Frühling eingekehrt. Und zwar so richtig, mit 13 Grad plus, Vogelgezwitscher und Sonnenschein. War auch wirklich Zeit, um ehrlich zu sein, ist mir der dauernde Nieselregen und Schnegestöber Ende März doch schon ein wenig auf die Nerven gegangen ... aber nun! - Kriechen alle aus ihre Winterhöhlen hervor und man scheint richtig zu spüren, dass alle aktiver werden und mit mehr Energie durch die Straßen laufen. Das tut gut :)

Allerdings war das Sonnenwetter auch nur 3 Tage lang hier bei uns, heut ist es schon wieder total bewölkt und von Sonne keine Spur ... tja, that's Lithuania. Weiß ich mittlerweile ja schon.

So lange bin ich ja auch noch gar nicht zurück in Kaunas ... nachdem ich letzte Woche 4 Tage lang – mit 4 anderen (männlichen) Volunteers aus Deutschland, Italien und Österreich – in der norwegischen Hauptstadt Oslo verbracht habe. Waren schöne Tage, auf jeden Fall, auch wenn das Wetter ziemlich fies und mies war ... Regen und Schnee eben wieder mal.



Einige Impressionen dieser Reise -
--> Oslo ist teuer, aber so richtig. Laut Norwegern soll es sogar eine der teuersten Städte der Welt (!) sein – glaub ich sofort! Preise wie (umgerechnet) 18 Euro für eine Pizza, 9 Euro für ein kleines Bier in einem Pub, 8 Euro für eine Tageskarte für die Öffis oder 20 Euro für 15min Zugfahrt haben uns anfangs doch ganz schön erschreckt ... irgendwann war uns das dann aber beinahe egal, schließlich kommt man ja auch nicht alle Tage nach Oslo :) Und der Satz „Hey, that's really cheap!!“ wurde zum Running-Gag ... :)

--> Oslo ist hip und cool und trendy. Allein an den Secondhandshops merkt man, dass man nicht mehr in Litauen ist. Manche der Klamotten sahen aber echt so aus, als wären sie einer Komödie aus den 60er-Jahren entsprungen. Ich hab mich amüsiert und sicher eine Stunde lang dort verbracht :)

--> Ich hatte das Gefühl, dass Norwegen (wahrscheinlich Skandinavien im Allgemeinen) dem Westen Europas nochmals 10 Jahre voraus ist ... es gibt kaum Arbeitslosigkeit (im Gegenteil, es leben einfach zu wenig Menschen in diesem Land) ... ein super Sozial- und Bildungssystem ... der Mindestlohn liegt bei 1200 Euro ... keine Studiengebühren ... wahrscheinlich ist mir das auch im Vergleich zu Litauen nochmals stärker aufgefallen, aber es erschien mir alles so organisiert, so diszipliniert, mit System, die Menschen so extrem hilfsbereit und freundlich (und ihr Englisch ist unglaublich!)

--> Grönland, ein Viertel Oslos hat es mir besonders angetan. Es ist das Viertel der Einwanderer (und davon gibt es richtig viele) ... an den Straßen reihen sich Obsstände, libanesische Cafes, türkische Restaurants und indische Kleidungsläden aneinander ... die Stimmung ist fast schon orientalisch. Besonders eindrucksvoll war der Moment, in einem Cafe zu sitzen (der Besitzer kam aus dem Libanon), sich umzublicken und zu merken, dass unter all den vielen anderen Gästen keiner mit weißer Hautfarbe ist. Wow.

--> Ich will wiederkommen und habe meine Idee der Skandinavienreise mehr im Kopf als zuvor! Nicht nur Oslo ... ich will Mitternachtssonne erleben, Fjorde sehen und ans sogenannte „Ende der Welt“ fahren ...

Soweit zu Oslo :)

Zuvor haben mich meine Eltern in Kaunas besucht, war sehr schön, sie hier zu haben, auch wenn die Zeit relativ kurz war. Ein bisschen gereist sind wir in Litauen, 2mal waren sie in Lopselis mit (meinen Papa hätten sie beinahe dort behalten, weil er so gut mit den Kids umgehen konnte :)), geplaudert haben wir viel – schön! :) Auf jeden Fall haben sie ein Stück meines Lebens hier mitbekommen und können sich nun wohl doch ein viel besseres Bild machen ...



Ein langes Wochenende (Ostern), Ostermontag. Ich wache auf, „Was mach ich heute nur?“ - Eine Eingebung, „Ich will das Meer sehen“. Mit Rucksack und Schlafsack mache ich mich auf, gurke mit dem Bus stundenlang durch Litauen, weiter nach Klaipeda und von dort mit der Fähre auf die Kurische Nehrung. Ich sage euch, die litauische Küste ist ein Geheimtipp. Endlos langer und schöner Sandstrand. 4 Stunden spazierte ich am Meer entlang, sammelte Bernstein, saß im Sand und schrieb Briefe, und erlebte am Ende noch einen wunderschönen Sonnenuntergang.



Nicht ganz geplant verbrachte ich dann 4 Stunden abends wartend am Busbahnhof in Klaipeda, dachte schon, dass ich festsitzen würde, als dann um Mitternacht endlich ein Bus mit Weißrussen auf dem Weg nach Minsk über Kaunas fuhr und mich mitnahm :) Puh.



Irgendwie ist es dauernd abenteuerlich und spannend ... gestern war ich in Vilnius mit Anne (Deutschland) und Masha (Moldawien) ... Trampen funktionierte toll, in Uzupis (der unabhängigen Republik in Vilnius) war Unabhängigkeitstag und wir bekamen wirklich unsere erwünschten Stempel in den Reisepass ... und ich weiß wieder, warum ich hauptsächlich trampe. Wegen der Leute, der Begegnungen, die ich mache.
Bei der Hinfahrt ein junger Litauer, der uns allen Eis kaufte. Bei der Rückfahrt der Leiter der evangelischen Diakonie Litauens, der uns ganz enthusiastisch zu Gottesdiensten einlud und uns seiner Gemeinde vorstellen will. ... :)

In Lopselis war gestern große Geburtstagsparty – mein Lieblingsmädchen und „Lausmensch“ Karolina wurde 3!! :) War sehr witzig, wie sie alle da saßen mit den Partyhüten auf dem Kopf und Sakotis (Baumkuchen) mampften :) Auch Vida war in bester Laune und verrückt wie eh und je.
Bald möchte ich mein neues Projekt beginnen ... Lopselis mag ich so :)




Gerai, dann viso gero für euch alle und bis zum nächsten Mal!

Eure Sarah.

Donnerstag, 13. März 2008

Von Nieselregen, Trampen by Truck und einer beeindruckenden polnischen Hauptstadt

Episode 2 .. folgt nun wirklich gleich, heute bin ich mal richtig fleissig :o)


Also, von den Festen hab ich berichtet. Von den Reisen noch nicht. Waehrend der letzten Wochenenden hat es mich selten "nur" in Kaunas gehalten, ich bin einige Male nach Vilnius gefahren, einmal auch mit Anne, EVS aus Deutschland, zum Kasiukas-Markt (oder soaehnlich) ... einem riesigsten Markt mit hunderttausend Staenden mit Kunsthandwerk und auch Touristenzeug. Hat sich ausgezahlt :)


Dann, die naechste groessere Reise hab ich grad hinter mir ... und zwar 5 Tage in Polen. Am Samstag gings los, natuerlich per Trampen, am Anfang war ich doch etwas skeptisch, wie 400 km trampen funktionieren werden und befuerchtete bereits, dass wir um 10 Uhr abends in the middle of nowhere irgendwo in Polen festsitzen und nicht weiterkommen.Als wir dann aber kurz darauf in einem gemuetlich-warmen Truck sassen, der uns ueber 200 km weit mitnahm, verflogen meine Zweifel im Nu ... ich sags euch, Trampen in Polen ist echt einfach und es ging viel viel schneller als gedacht und schwuups, haben wir die polnische Hauptstadt erreicht.


Von Warschau hab ich bisher nur gehoert ... graue dunkle triste Stadt ... es gibt nix zu sehen ... polnisch eben ... muss man nicht hin.Das alles kann ich widerlegen und nur sagen - da muss man hin! :)Ich habe selten zuvor eine so spannende, wunderschoene Stadt erlebt und noch dazu eine, die nach dem Krieg zu 85 Prozent zerstoert war und wieder aufgebaut wurde ... Wahnsinn.


Wir waren 3 Tage lang von frueh bis spaet unterwegs ... Altstadt, Neustadt, Parkanlage und Schloss Wilanow, Chopin-Museum, Kunstgalerie, polnische Volkskueche, sauteures polnisches Luxuscafe, langer Rundgang im juedischen Viertel (ich fuehlte die Geschichte dieser Stadt oft sehr praesent, vieles im ehemaligen Ghetto wirkte nach wie vor stark auf mich, sehr bewegend, sehr sehr erschreckend), Praga (der einzige Teil der Stadt, der nicht zerstoert wurde), abends in supergemuetlichen polnischen Bars ...

Nach 3 Tagen waren wir alle ganz schoen muede :o)


Eine weitere Reise wird's fuer mich dann Ende Maerz geben, da gehts dann los nach Norwegen, nach Oslo. Freu mich schon sehr :)


Eine Reise der etwas anderes Art liegt ebenfalls hinter mir, und zwar der Umzug in eine neue Wohnung. Bis heute habe ich nicht begriffen, warum wir aus der alten schoenen Wohnung ausziehen mussten, ewig lange haben wir (meine Mentorin hauptsaechlich) gesucht ... und vor 2 Wochen sind wir in unser tolles neues Heim umgezogen!
Perfekte Lage mitten im Zentrum, und der Luxus von riesigen Zimmern (meines ist wieder mal Partyroom :o)), Mikrowelle, Wasserkocher und ... tatatarataa - Waschmaschine!! :)
Diese mag mich aber uebrigens nicht, und ich sie auch nicht mehr. Gestern hat sie mich mit einer Wasserfontaene und Waschmittel bespritzt (kann ich doch nicht wissen, dass man eine Waschmaschine nicht oeffnen soll, wenn sie eingeschaltet ist!), heute hat sie schlichtweg beim Schleuderprogramm gestreikt und ich habe tropfnasse Waesche zum Trocknen aufgehaengt. Naja, vielleicht ist es auch nicht ihre Schuld, sondern ... ein bisschen auch meine. Man merkt irgendwie, dass das meine erste hautnahe Begegnung mit einem solchen Geraet ist :o) Jaja, auch so wird man selbststaendig, Mama ... *smile*


Mein Zimmer ist sooo gross, dass es langsam zum Hostel wird, die Gaeste geben sich beinahe schon die Tuerklinke in die Hand ... kaum gehen welche, kommen auch schon die naechsten. Mir macht es Spass :o)


Uebers Wetter will ich gar nicht viele Worte verlieren ... in Warschau war es herrlich, der blaueste Bilderbuchhimmel den man sich nur vorstellen kann und fruehlingshafte 15 Grad ... hier in Kaunas: NIESELREGEN. Was sonst?!


Ja, ein Drittel meines EVS ist nun schon wirklich vorbei ... so oft habe ich das Gefuehl von "Leben pur" hier (das soll nicht heissen, dass mein Leben vor dem EVS nicht spannend oder ausgefuellt gewesen ist, auf keinen Fall ...) ... Anne hat mal gemeint, dass sie hier irgendwie naiver wird, vielleicht stimmt das auch, aber positiv gesehen.

Und es sind hier so viele starke Momente - in einem Truck zu sitzen, von dem polnischen Fahrer, der weder Deutsch noch Englisch kann, auf einen Kaffee eingeladen zu werden und durch Polen zu duesen. - Geimeinsam mit meinen Kids zu lachen und sich zu freuen, wenn wieder mal eines laut "Salaaaah!" (das "r" ist eben schwierig!) ruft. Wenn ich nichts zu tun habe, einfach in meiner LieblingsWG zu sitzen, Shisha zu rauchen, sich einfach gut zu fuehlen. Zu merken, wie sehr ich manche Menschen hier vermisse, wenn ich sie laenger nicht sehe, zu merken, dass sich auch hier nahe Freundschaften aufbauen werden.


Freiheit. Freude. Eindruecke. Spontaneitaet. Abenteuer. Leben pur.


Eure Sarah

"Sarah, sag mal, gibt's dich noch ...?" ...


... jaaaaaa, mich gibts noch! Aber, shame on me, mein letzter Eintrag ist sage und schreibe mehr als 5 oder gar 6 Wochen aus ... oi. Nun wird es aber Zeit, von den letzten Ereignissen zu berichten. Also los ...



5. Februar - habe ich die Litauer doch wieder mal unterschaetzt? Die sonst so verschlossenen, zurueckhaltenden Menschen sind - zumindest bei meiner Einrichtung Lopselis - nicht wiederzuerkennen. Alle sind verkleidet, Kids wie Sozialarbeiter und meine 4 Arbeitsstunden verbringe ich damit, gemeinsam mit ihnen durch das ganze (grosse!) Gebaeude zu ziehen als bunter Karnevalszug mit Akkordeonspieler und in jedem einzelnen Raum zu singen und tanzen und dabei jede Menge Suessigkeiten zu sammeln. Ich glaub, ich hab selten zuvor sooo viel gegessen ... Ausserdem bieten sie mir harmlosen "Erdbeersaft" an, der sich nach dem ersten grossen Schluck als litauischer Wodka entpuppt (es war so klar) und ja ... irgendwie sind alle ganz schoen verrueckt. Und irgendwie gefaellt mir das :)

13. Februar - ich beschliesse, den Valentinsttag konsequent zu ignorieren, ahne allerdings schon Schlimmes, als Vida, meine Chefin, mich bereits 40 rote Kartonherzen ausschneiden laesst ... und meine Ahnung taeuscht mich nicht ...



14. Februar - ... als ich am Valentinstag Lopselis erreiche, werde ich gleich mal mit roten Herzen beklebt, mit bunten Herzen bemalt und nebenbei versuche ich auch noch, rote Herzluftballons aufzublasen (natuerlich zerplatzt mir einer mitten im Gesicht und ich werde noch roeter ... :)) ... danach werden alle Kinder geschminkt (mit Herzen, was sonst!) und ich trinke Baileys. Und das um 10 Uhr morgens. Das ist auch Litauen.

Jaja ... wenn es Feste zu feiern gibt (welcher Anlass auch immer), sind die Litauer kaum mehr zu halten ... ich bin schon gespannt auf Ostern, das kann ich euch sagen!
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In Lopselis laueft es also - wie ihr lesen koennt - supergut. Es ist echt ein tolles Gefuehl, wenn Vida in der Frueh zu mir (!!) kommt und mich fragt, was wir heute machen werden. Irgendwie werd ich hier nicht nur zur Kindergaertnerin und Entertainerin, sondern auch zur Floristin und Dekorateurin ... seit Tagen sind wir mit der Fruehlingsdeko beschaeftigt, ich muss nicht mit den Kids rausgehen, Vida behaelt mich dauernd bei sich um meine Meinung zu hoeren. Die lautet meistens "Labai grazu".

Ich fuehle mich hier gebraucht und sinnvoll und wichtig und merke, dass ich immer unterstuetzt werde und meine Ideen sehr schnell umsetzen kann. Einiges habe ich schon allein mit den Kindern gearbeitet, oft helfe ich eben ... einige Ideen habe ich auch noch. Und es macht Spass!!! Hui :D