
Mit Christinas jüngeren Schwester Kathi, die nun drei Wochen zu Besuch ist, fuhren noch mal in den Regenwald nach Puyo, um Hugo, einen dort wohnenden Quichua-Indígena, zu besuchen. Hugo lebt mitten im Urwald und besitzt weder fließendes Wasser, noch Strom, noch Handy. Wir suchten also auf gut Glück sein Haus auf und hofften, ihn dort anzutreffen.
Von Puyo geht’s Richtung Macas bis zum Kilometer 12. Von dort folgten wir einer Schotterstraße. Der Fußmarsch beträgt ca. eine Stunde, doch wir hatten Glück: eine vorbeifahrende camioneta (Pick-up) nahm uns mit bis zur Brücke. Ab der Hängebrücke geht es nur noch zu Fuß weiter. Wir folgten dem schmalen Weg nach rechts und wanderten eine halbe Stunde am Flussufer entlang über vier Brücklein aus Baumstämmen, bis wir zu einer Lichtung kamen. Dort gingen wir bergaufwärts bis zu Hugos Haus. Es besteht aus einer größeren Hütte mit Küche und Feuerstelle, einer Hütte für Touristen (mit fünf Betten und Matratzen), einem WC (!) bei dem die Klospülung jedoch nur sporadisch funktioniert, Dusche (funktioniert nicht) und ein bisschen weiter drüben Hugos Haus.
Wir kamen um vier Uhr an und fanden das Haus leer vor. Wir warteten. Hugo hat drei Hunde, zwei große schwarze Schweine und einige Hühner. In Baños haben wir noch Lebensmittel für ihn und seine Familie gekauft: drei Kilo Reis, eine Packung Öl, zwei Kilo Salz, Nudeln, Thunfisch, Schwamm, Seife, Zahnpasta, Panela, Zuckerl für die Kinder, Klopapier. Mit all dem Zeug sind wir durch den Regenwald gewandert. Wir luden es in der Küche ab.
Wir warteten bis sechs. Zum Zurückkehren war es nun zu spät. Um halb sieben würde es dunkel werden. Wir beschlossen, die Nacht über hierzubleiben. Zuerst wollten wir aber was essen, denn wir hatten seit dem Frühstück in Baños nichts mehr zu uns genommen. Wir betraten die Küche und versuchten, die Feuerstelle anzuwerfen. Es stand uns jedoch nur feuchtes Holz, ein halbes Blatt Zeitungspapier und das Öl vom Thunfisch zur Verfügung. Wir schafften es, ein morsches Stück Holz zum Glühen zu bringen und ein kleines fünfminütiges Lagerfeuer, das aber bald erlosch. Gut. Reis oder Nudeln kochen spielte es also nicht. Hungrig begnügten wir uns nur mit Thunfisch. Die nächste Herausforderung: Das Öffnen einer großen Thunfischdose. Ohne Schweizermesser. Wir sahen uns um und fanden eine Machete und einen Hammer. Es lebe die Machete! ... Wir löffelten Thunfisch in Öl und knabberten rohe Nudeln. Mmmh!
Dann legten wir uns schlafen. Es war sieben. Und stockdunkel. Wir hatten weder Leintücher, noch Decken. Nur etwas feuchte Matratzen und Polster. Mit unseren Handtüchern deckten wir uns zu.
Kathis Magen ist noch zu europäisch. Sie erbrach in der Nacht das Abendessen. Wir hatten kein Wasser mehr. Sie putzte sich die Zähne und spülte mit Cola ihren Mund aus.
Die Nacht war kalt und lang. Es regnete und ich fror. Mit meinem kleinen Handtuch konnte ich immer nur entweder meine Arme oder meine Beine bedecken. Unter dem Haus hörte man die Schweine und die Hühner in der Erde scharren. Und grunzen. Und gackern.
Am nächsten Morgen versuchten wir abermals unser Glück an der Feuerstelle. Wir rissen dafür Seiten aus unseren Tagebüchern. Doch der Tag war noch schlechter. Über Nacht hatten die Zünder die Feuchtigkeit der Umgebung angezogen und taugten nichts mehr.
In der Regentonne hinterm Haus putzten wir unsere Zähne. Wir schrieben Hugo einen Zettel mit lieben Grüßen, hinterließen die Lebensmittel, packten uns zusammen und brachen wieder auf.
Abermals hatten wir Glück. Eine camioneta nahm uns bis nach Puyo mit.
Moral von der Geschichte: Lerne, wie man ein gescheites Lagerfeuer macht – es kann nützlich sein. (¡verras, Viki!) Oder nimm sicherheitshalber immer Brot mit.
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