Sonntag, 11. November 2007

#6 Ein Farbenmeer von Kindern

Am Freitag war im Stadion eine Veranstaltung, an der alle Grundschulen Ambatos teilnahmen. Ich stand um halb sechs auf, um um 7 Uhr 20 in der Schule von Techo Propio zu sein. Nach und nach trudelten die Schüler ein, alle in ihren sauberen Uniformen, gebadet, gekämmt und geschneuzt, ich kam mir richtig dreckig vor neben ihnen, weil ich eben nicht frisch geduscht war. Dann wurden endlos lange Listen durchgegangen, Schülernamen verlesen, Kinder in Reih und Glied gestellt. Endlich konnten wir zum Stadion aufbrechen. Alle Schüler, Lehrkörper und sonstiges Personal stopften sich in den nächsten vorbeikommenden öffentlichen Linienbus und los ging die Fahrt über Stock und Stein. Ich stand eingezwängt zwischen diversen Indigena-Männern und konnte mich nicht rühren.
Beim Stadion angekommen waren außer uns schon drei Millionen andere Menschen, die sich um den Eingang drängten. Während ich schubsende Kinder wieder in die Zweierreihen zurückwies, bewunderte ich staunend die aus lauter Schülern bestehende Menschenmenge, aus der sich durch die je nach Schule unterschiedlich farbige Uniform einzelne Grüppchen herauskristallisierten.
Als alle Schüler ihren Sitzplatz in der Tribüne eingenommen hatten, begann das Programm in Form von dem, was in den USA als „school spirit“ bekannt ist. Von jeder Schule marschierten ungefähr 25 Schüler ins Stadion ein, der Name der Schule wurde laut aufgerufen und der zugehörig farbige „Fanclub“ im Publikum sprang stolz auf und jubelte laut. Danach standen alle auf und die ecuadorianische Nationalhymne wurde gesungen. Ich, die einzige blonde „gringa“ im Umkreis von einem halben Kilometer, war wohl die einzige, die den Text nicht konnte.
Zwischendurch drängten sich immer Verkäuferinnen und Verkäufer durch die Tribünen, die ihre Waren an den Mann (und in diesem Fall an das Kind) bringen wollten und lautstark Chips, Zuckerwatte und Eis anpriesen: „¡Papaaaas friiiiitas, Papas!“. Von Zeit zu Zeit ließ sich wieder einmal eine Verkäuferin nieder, um das Kind, das jede richtige Indigena-Frau am Rücken mit sich herumträgt, zu wickeln oder zu stillen.
Anschließend marschierten Militärmänner ins Stadion und zeigten zuerst ein paar coole Moves im Nahkampf mit Stock (des hett da gfoin, Susi!). Dann zeigten andere Militärmänner ihr Können mit dressierten Polizeihunden. Ich fand sehr originell, dass die Befehle für Hunde scheinbar auf der ganzen Welt deutsch sind, zum Beispiel „Sitz!“, „Platz!“, „Hier!“ oder „Steh!“ (was von den Ecuadorianern „E-stay!“ ausgesprochen wird), kann aber auch daran liegen, dass es sich bei den Hunden um deutsche Schäfer handelte, die womöglich nicht zweisprachig aufgezogen wurden...
Nach diesem Programm setzten sich die Schülerscharen wieder in Bewegung, um das Stadion zu verlassen. Wahrscheinlich fiel ich durch meine Größe unter lauter kleinen Kindern und meine blonden Haaren sehr auf, denn trotz der vielen Menschen fanden mich zuerst Ricardo, Jorge und Jonathan aus der Herberge, die mich gleich begrüßen kamen und dann riefen und winkten mir aus der Ferne auch noch einige Mädels zu, mit denen ich nachmittags am Terminal arbeite. Die bunten Schüler verließen also das Stadion wieder und das einzig bunte, was zurückblieb, waren Berge von Müll.
Obwohl ich leider meinen Fotoapparat nicht mitgehabt habe, ist dieser Vormittag in meinem Gedächtnis farbig vermerkt, die Eindrücke waren lebendig und beeindruckend. Und: Individualisten der Welt, sagt, was ihr wollt, ich bin für die Einführung von Schuluniformen in Österreich!

2 Kommentare:

Christoph hat gesagt…

wow, das mit den deutschen Schäferhunden hät ich auch echt gern bestaunt, sind ja auch meine lieblingshunde! schade, dass es davon keine fotos gibt...!!!aber die vorstellung von ecuadorianischen polizisten mit deutschen schäferhunden find ich auch schon ganz lustig! lg massak

Soziales Jahr hat gesagt…

Ich hab bei der Vorstellung der Hunde auch an dich denken muessen ;-) Ich hab leider meine Kamera nicht mitgehabt. Aber ich bin draufgekommen, dass es schon viele Momente und Eindruecke gibt, die man einfach nicht auf Kamera einfangen kann, auch wenn man sie bei der Hand haette.